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Psycho-Blog vom 17.09.2008 - gegen 20.15 Uhr MESZ - Perma-Link
- Die Gewissensfreiheit von Abgeordneten -
Zu Beginn letzter Woche hatte CeKaDo in seinem Blog die Frage aufgeworfen, was seine Leserinnen und Leser ihm bezogen auf ein Angebot raten würden, in die aktive Politik einzusteigen und ein Parteimandat zu übernehmen:
Mal ganz ehrlich
Ich hatte dort auch kommentiert und v.a. darauf verwiesen, dass es keine Partei gibt, mit der ich mich hundertprozentig identifizieren kann. In den verschiedenen Themenfeldern vertrete ich jeweils sehr unterschiedliche Standpunkte, die jeweils von ganz unterschiedlichen Parteien vertreten werden. Es wären immer Kompromisse notwendig.
Es gibt es allerdings auch noch andere Gründe, die mich davon abhalten würden, mich dort zu engagieren.
Nicht nur, dass ich nie hundertprozentig mit einem bestimmten Parteiprogramm übereinstimmen werde, sondern ich müsste mich auch noch in meinem Abstimmungsverhalten einer bestimmten Parteilinie mehr oder weniger unterordnen.
Dabei heißt es eigentlich im Grundgesetz, dass Abgeordnete nur ihrem Gewissen verpflichtet und an keine Weisungen gebunden sind (Art. 38 GG Abs. 1). Auf dem Papier.
Ein "schönes" Beispiel, wie das in der Realität aussieht, kann man jetzt am Beispiel des Stadtrats von Dresden sehen. Hier hat das von der NPD initiierte Nationale Bündnis in der letzten Woche einen Antrag eingebracht, der Opfer des 11.09.2001 zu gedenken. Eine ganze Reihe von Abgeordneten, darunter auch welche von den Linken, haben dem zugestimmt. Einer davon, der Finanzexperte Ronald Weckesser, der auch ein Mandat im Sächsischen Landtag innehat, soll genau dafür jetzt aus Partei und Fraktion ausgeschlossen werden:
Votum für NPD-Antrag: Dresdner Linke sollen Partei verlassen (Der Tagesspiegel)
Es mag natürlich etwas merkwürdig klingen, dass ausgerechnet jemand von der NPD solch einen Antrag einbringt, aber dagegen stimmen? Aus meiner Sicht eine Gewissensentscheidung, bei der ich persönlich nicht lange überlegt hätte.
Wenn sich dann später herausstellt, dass der 11. September für die Rechten auch noch eine andere Bedeutung im Hinblick auf Geschehnisse im 2. Weltkrieg hat, ist noch eine andere Sache, die man als Nichthistoriker aber vielleicht nicht unbedingt gleich weiß. Jedenfalls müssen sich aus meiner Sicht diejenigen Abgeordneten, die für den Antrag gestimmt haben, deswegen keine Vorwürfe machen, denn es ging ja offensichtlich bzw. augenscheinlich um den 11.09.2001.
...
Ich bin übrigens der Auffassung, dass die gegenwärtige Art des Umgangs der demokratischen (?) Parteien mit der NPD nicht zu dem gewünschten Ergebnis führen wird. Sondern eher Reaktanz beim Wähler erzeugt.
Man scheint regelrecht Angst davor zu haben, sich inhaltlich mit denen auseinanderzusetzen.
Und aus manchen Flächen haben sich manche Parteien ja schon völlig zurückgezogen:
"In Mecklenburg-Vorpommern habe ich mich zum ersten Mal über ein CDU-Plakat gefreut. Das will bei mir was heißen. Aber wenn man durch vier Dörfer fährt und sieht nur NPD-Plakate, dann freut man sich sogar beim Anblick eines einsamen CDU-Plakates."
(Gregor Gysi in einem Interview mit SPIEGEL ONLINE 2006, Quelle)
Da braucht man sich auch nicht über entsprechende Wahlergebnisse zu wundern.
Wobei... es kann natürlich sein, dass es gerade gewünscht ist, dass es solche "Demokratiestörenfriede" gibt. Da hat man etwas, worüber man sich künstlich aufregen kann, um von anderen Themen abzulenken... Und man kann die Menschen als fremdenfeindlich beschimpfen... was anscheinend auch einigen Leuten Spaß macht. Genauso wie ALG-II-Empfänger natürlich selbst schuld sind an ihrem Schicksal.
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Bisher 5 Kommentare
1. Kommentar von Gucky gepostet am 18.09.2008 / 11:13 Uhr:
"Dabei heißt es eigentlich im Grundgesetz, dass Abgeordnete nur ihrem Gewissen verpflichtet und an keine Weisungen gebunden sind (Art. 38 GG Abs. 1). Auf dem Papier." - Gut daß du es sagst ! Gesetze gelten also nur auf dem Papier ?
Mir fällt das schon länger auf, daß Politiker sich nicht an Gesetze halten (müssen ) die sie selber gemacht haben. Für wen ? Nur für das "doofe" Volk ?
Anmerkung des Webmasters:
Danke für Deinen Kommentar
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2. Kommentar von Wilhelm Entenmann gepostet am 18.09.2008 / 12:18 Uhr:
Falk: "Ich bin übrigens der Auffassung, dass die gegenwärtige Art des Umgangs der demokratischen (?) Parteien mit der NPD nicht zu dem gewünschten Ergebnis führen wird. Sondern eher Reaktanz beim Wähler erzeugt."
Ich vermute die Reaktanz schon bereits deshalb, weil man bestimmte Themen unterdrückt bzw. Äußerungen hierzu in die Nazi-Ecke drückt und Leute wegen bestimmter Meinungen, ja selbst der Äußerung von Fakten kriminalisiert.
Persönlich finde ich bei NPD und bei der sogenannten Partei "DIE LINKE" einige Positionen gut, allerdings würde ich solche Extremisten, ob nun rechts oder links, nie unterstützen.
Anmerkung des Webmasters:
Danke für Deinen Kommentar
Ich finde, dass auch ein politischer Gegner das Recht auf einen fairen Umgang hat. Entweder man kann diese Partei wg. Verfassungsfeindlichkeit verbieten oder man muss zunächst akzeptieren, dass ordnungsgemäß gewählte Vertreter von denen in den Parlamenten sitzen. Und mit überzeugender politischer Arbeit dafür sorgen, dass die Wähler ihr Kreuz beim nächsten Mal woanders setzen
Allerdings scheinen einige Politiker nicht mal in der Lage zu sein, mit ihren eigenen Leuten fair umzugehen.
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3. Kommentar von Wilhelm Entenmann gepostet am 18.09.2008 / 13:17 Uhr:
Falk: "Und mit überzeugender politischer Arbeit dafür sorgen, dass die Wähler ihr Kreuz beim nächsten Mal woanders setzen"
WO?, ich meine, wer ist die Alternative, speziell im konservativen Spektrum. Die CDU hat hat doch in den letzten alle konservativen Alternativen unterdrückt bzw. durch deren Ausgrenzung die Extremisten überhaupt erst geschaffen. Der Umgang der CDU mit den REPs hier in BaWü, welche ich in ihrer ursprünglichen Form zwar für radikal, jedoch nicht extremistisch sehe, war falsch. Durch deren Einbindung in die demokratische Arbeit hätte es zwar eine konservative Partei neben der CDU gegeben, aber die REPs hätten sich dadurch weiter demokratisiert. So hat man diese todgeschwiegen ("Ich rede nur mit demokratisch gewählten Parten.", welch Zynismus) und deren Wähler entweder zu den Nichtwählern oder in die Arme der NPD oder DVU getrieben. Nichtwähler interessieren nicht und NPD/DVU kann man diskriminieren.
Anmerkung des Webmasters:
Danke für Deinen Kommentar
Ich meinte ja, dass z.B. die CDU oder die SPD selbst überzeugende politische Arbeit leisten und dadurch bewirken könnten, dass nicht die NPD oder gar nicht gewählt wird, sondern die CDU oder SPD die entsprechenden Stimmen bekommt.
Lach jetzt bitte nicht!
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4. Kommentar von Wilhelm Entenmann gepostet am 18.09.2008 / 14:10 Uhr:
Falk: "...sondern die CDU oder SPD die entsprechenden Stimmen bekommt."
Ich halte unsere Gesellschaft inzwischen für derart heterogenisiert, daß das alte System mit zwei Volksparteien und einem liberalen Korrektiv einfach nicht mehr greifen kann.
Das klingt jetzt zwar schrecklich nach Weimarer Verhältnissen, in deren Folge man die Syteme "2 plus 1" (zwei Volksparteien plus ein liberales Korrektiv) bzw. "1 plus 4" (eine Einheitspartei plus vier Blockflöten) erfand, entspricht aber dem Stimmungsbild in der Bevölkerung.
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Danke für Deinen Kommentar
Ich habe diese beiden Parteien jetzt nur als Beispiel genannt - weil ja auf Bundesebene sowie in Sachsen beide die Regierungsverantwortung innehaben.
Von einem Zwei-Parteien-System und einem Mehrheitswahlrecht wie etwa in den USA halte ich überhaupt nichts.
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5. Kommentar von anaximander gepostet am 18.09.2008 / 15:52 Uhr:
"Dabei heißt es eigentlich im Grundgesetz, dass Abgeordnete nur ihrem Gewissen verpflichtet und an keine Weisungen gebunden sind" Der Abgeordnete, der seinem Gewissen gehorcht, wird nicht mehr lange Abgeordneter sein; die Partei wird ihn mobben, bis er den Bettel hinschmeißt oder aber er wird aus der Partei ausgestoßen. Gelegentlich versuche ich hierzulande einen zu finden, der seinem Gewissen und nicht der Parteidisziplin gehorcht. Doch bisher bin ich nur ein Mal fündig geworden. Ich persönlich könnte mich einer Parteidisziplin nie unterwerfen. Darum werde ich auch nie Mitglied einer Partei.
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