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Psycho-Blog vom 15.09.2009 - gegen 19.00 Uhr MESZ - Perma-Link

- Kulturelle Besonderheiten Österreichs, insbesondere Tirols -

Große Gemeinschaften von Menschen, seien es Vereine, Unternehmen oder auch ganze Nationen, sind jeweils durch eine bestimmte von den Mitgliedern geteilte Kultur, ein bestimmtes Wesen im Verhalten, Erleben und Denken, gekennzeichnet.

Der Organisationspsychologe Edgar Schein unterscheidet dabei drei Ebenen, die mehr oder weniger beobachtbar sind und den Mitgliedern einer Kultur mehr oder weniger bewusst sind:

1. An der Oberfläche einer Kultur finden sich die beobachtbaren Verhaltensweisen (die Art des Umgangs miteinander, das Kommunikationsverhalten), Symbole (Logos, Wappen, Flaggen) und Artefakte (Architektur, Technologien).

2. Darunter sind die kollektiven Werte angesiedelt als Maßstab, wie Menschen sein sollten (z.B. ehrlich, freundlich). Diese Werte sind Mitgliedern mehr oder weniger bewusst und können im weiteren aus Beobachtungen erschlossen werden.

3. Den Kern einer Kultur machen jedoch die auf der untersten Ebene angesiedelten Grundannahmen aus. Dazu zählt die Frage, ob der Mensch an sich gut oder schlecht ist (und davon ausgehend Freiraum oder Kontrolle benötigt). Des weiteren gehört hierzu das in den Köpfen der Menschen manifestierte Bild zwischenmenschlicher Beziehungen (der Mensch als autonomes Individuum, als Mitglied eines Kollektivs, als Glied in einer streng hierarchisch organisierten Struktur). Diese Grundannahmen sind für die Mitglieder einer Kultur selbstverständlich, werden daher nicht weiter reflektiert und können im Kontakt mit Mitgliedern aus anderen Kulturen schnell zu fundamentalen Konflikten führen.

Die Eigenheiten der eigenen wie auch die Besonderheiten einer fremden Kultur werden einem erst im Kontakt mit einer wirklich fremden Kultur mehr oder weniger deutlich.


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In der letzten Woche hatte ich nun die Gelegenheit, die ganz besonderen Eigenheiten Österreichs und dabei insbesondere Tirols kennenzulernen:


Die Flaggen von EU, Österreich, Tirol, Reutte und Burg Ehrenberg.
(Das Foto ist übrigens nicht gespiegelt,
sondern der Wind hat von der falschen Seite geweht )

Ich hatte dabei weder die Zeit noch die Muße, eine umfassende wissenschaftliche Analyse durchzuführen, möchte aber zumindest einige Eindrücke und Erfahrungen dieses "Kontakts mit einer fremden Kultur" wiedergeben

Die folgende Aufzählung meiner Eindrücke entspricht dabei einer chronologischen Abfolge von Erlebnissen:

- Speziell in Tirol ist es so, dass Menschen jeglichen Alters und Geschlechts regelmäßig auf Veranstaltungen in Bierzelten gehen, auf denen es zu essen und zu trinken gibt, dazu volkstümliche Musik gespielt, gejodelt und Walzer getanzt wird. Damit es nicht so auffällt, tarnen sie das Ganze als Benefizfest

- Bei der Teilnahme am Straßenverkehr sowohl als Autofahrer als auch als Fußgänger fiel mir irgendwie schnell auf, dass einerseits sehr viel mehr Zebrastreifen als in Deutschland existieren, der österreichische Verkehrsteilnehmer andererseits irgendwie anders auf diesen Umstand reagiert als der deutsche. Auf meine Erkundigungen hin stellte sich heraus, dass wohl in Österreich diesbezüglich dieselben Regeln gelten wie in Deutschland, dass der gemeine Österreicher allerdings standardmäßig eher nicht an jedem Zebrastreifen mit übertrittswilligem Fußgänger sofort anhält

- Mit Österreich verbindet sich für mich die Erwartungshaltung etwas höherer Preise als in Deutschland. Dass dem nicht in allen Bereichen so ist, weiß man spätestens dann, wenn man an einer Tankstelle vorbeifährt. Allerdings kann man auch in anderen Bereichen positiv überrascht werden. So ging es eines Abends in eine etwas versteckt liegende Gaststätte, in alle Arbeiten von der Inhaberin allein verrichtet werden. Meine beiden ortskundigen Führer wiesen mich gleich zu Beginn darauf hin, dass ich auf jeden Fall eine kleine Portion bestellen solle. Ich bestellte dann neben einem großen Radler einen "kleinen" Grillteller mit Salat. Auf dem Tellerchen waren dann zwei Steaks, eine halbe gebratene Wurst, eine Scheibe gebratener Schinken und ein Berg Pommes. Den Salat gab es dann in einem separaten Schüsselchen. Für das alles zusammen wollte die gute Frau dann insgesamt 6 Euro haben

- Wenn man sich das Verhalten der Autofahrer anschaut, dann scheint das Telefonieren mit dem Handy in Österreich mittlerweile wieder erlaubt zu sein. Ähnlich wie in Deutschland Wie gesagt - wenn ich mal vom tatsächlichen Verhalten der Autofahrer ausgehe

- Wenn an einem Lastenaufzug neben einer Almhütte geschrieben steht, dass der Transport von Personen verboten ist, so kann mit diesem Aufzug trotzdem die Kellnerin ins Tal geschickt werden. Da diese nicht als Person gilt (Auskunft des Almwirts auf meine Nachfrage).

- Lieblingssätze und -ausdrücke des gemeinen Österreichers sind:

Servus!
Passt scho!
Is scho recht!
Grieß Di!

- Was Nettes muss ich allerdings auch noch sagen: Wenn ich es mal mit Deutschland vergleiche, so fällt mir doch sehr auf, dass die Leute irgendwie freundlicher sind und einen auch als Wildfremden auf der Straße grüßen. Nicht nur, wenn man irgendwo am Berg unterwegs ist, sondern auch in einem Dorf oder einer Kleinstadt. Naja, nicht alle, aber doch einige

- Hat die Volksmusik anscheinend doch auch irgendwie positive Auswirkungen...

- Auf jeden Fall muss ich festhalten, dass die Leute da unten entspannter drauf sind, ohne dabei allerdings besonders laut oder gar aufdringlich zu sein.

Normal sind die Österreicher also entspannt und freundlich und halten sich relativ zurück. Eine besonders ausgelassene Geselligkeit lassen sie dann allerdings beim Musikantenstadl raus




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Bisher 3 Kommentare


1. Kommentar von Eveline gepostet am 15.09.2009 / 22:57 Uhr:
Über dem Bier klangst du aber ganz anders als hier am Anfang *jodeldidum*

"Das Lokal" entwickelt sich zum Insidertipp, der dir folgende Blogger genießt schon mittags und abends - ob das Schnitzel oder den Schinken der Chefin krieg ich noch raus!!

Extra für dich - zur Erinnerung

Alles andere hab ich vergessen, Glumpverreckts *pffff*

Pfiat di derweil! Huggels, Eveline


Anmerkung des Webmasters: Danke für Deinen Kommentar

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2. Kommentar von Ocean gepostet am 17.09.2009 / 11:00 Uhr:
das war jetzt sehr spannend zu lesen, lieber Falk. Und für so ein reichhaltiges Essen 6 Euro - das kann man hier wohl lange suchen.

(Wobei ich den Eindruck hatte, dass es insgesamt im Norden Deutschland etwas günstiger ist, als in Ba-Wü)

Die Ausarbeitung über Ebene 3. find ich interessant und nachvollziehbar .. Derartiges habe ich auch schon gedacht. Wobei das gut - schlecht / Freiraum - Kontrolle ein bisschen schwarz - weiß wirken mag, aber vom Grundprinzip her find ich das schon stimmig, und leider wird für meinen Geschmack doch zu oft das Täter-Opfer-Prinzip umgekehrt, und dieses einfache Grundprinzip gut-positiv, Belohnung, Freiheit vs. schlecht-negativ, entsprechende Konsequenzen etc ein wenig vernachlässigt ..

Liebe Grüsse an dich, Ocean


Anmerkung des Webmasters: Danke für Deinen Kommentar

Das ist auch nicht als eine Einteilung in zwei Gruppen gemeint, sondern eher als eine Dimension zu sehen, auf der eine bestimmte Kultur eingeordnet werden kann

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3. Kommentar von Karin gepostet am 05.10.2009 / 23:35 Uhr:
Hier in Deutschland (zumindest in NRW) erlebe ich es aber auch ab und zu, dass Fußgänger am Zebrastreifen manchmal übersehen werden, oder wenigstens nicht darauf vonseiten der Autofahrer reagiert wird. Nicht alle Autofahrer sind so aufmerksam, wie es unser Herr Falk höchstwahrscheinlich wäre. (Wie ich darauf komme? Ganz einfach: Wer ab und zu auch mal am Straßenrand anhält, nur weil er ein interessantes Fotoobjekt entdeckt hat, das er später in seinem Blog zeigen möchte (jedenfalls entsinne ich mich an einige Fotomotive vom Straßenrand aus im Laufe der Zeit), der wird wohl wahrscheinlich ein überdurchschnittlich aufmerksamer Autofahrer sein. )
Bemerkenswert ist hingegen die österreichische Definition von "klein"...
Dass die Kellnerin auf einer Alm nicht als Person gilt... tsts. Als was denn dann? Als Inventar? *fg*
Ansonsten scheinen die Österreicher ja ein sehr nettes Völkchen zu sein - insbesondere die Zurückhaltung und Bedächtigkeit finde ich sehr sympathisch.
Allerdings... Musikantenstadl und Tiroler Volksfest und so... *schnell weglauf*
LG Karin


Anmerkung des Webmasters: Danke für Deinen Kommentar

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