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Psycho-Blog vom 18.09.2009 - gegen 16.00 Uhr MESZ - Perma-Link

- Stress als Bedrohung des Selbstwertgefühls -

Wie ihr vermutlich mitbekommen habt, hat es mich in der letzten Woche nach Österreich verschlagen. Grund für diese Reise war meine Teilnahme an einer Tagung der Fachgruppe Arbeits- und Organisationspsychologie der DGPs in Wien. Damit ihr nicht denkt, ich fahre nur aus Langeweile und zu meinem Vergnügen durch die Weltgeschichte!

Nachdem ich von dieser Reise bisher nur Kurzweiliges berichtet habe, möchte ich heute mal einige neue wissenschaftliche Erkenntnisse kundtun, die auf der Tagung präsentiert worden sind. Als Blogger habe ich ja schließlich auch einen Bildungsauftrag (würde diese Bloggerin jetzt sagen ).

Die Ergebnisse meiner eigenen geheimen Forschungsarbeiten werde ich euch dabei an dieser Stelle nicht vorstellen, sondern ich greife einmal mitten hinein in die Vielzahl der Beiträge. Insgesamt gab es dort nämlich über 400 Vorträge und Poster zu begutachten, die ich gar nicht alle "mitnehmen" konnte.

Was ich dabei als Einzelbeitrag hinausziehen möchte, ist ein Vortrag von Norbert K. Semmer, Professor an der Universität Bern. Dieser Wissenschaftler ist im Rahmen dieser Tagung auch mit einem Preis für besonders innovative Forschung ausgezeichnet worden.

Zur Entstehung von Stress gibt es einige mehr oder weniger alte Theorien und Modelle, auf die ich schon im März diesen Jahres in einem gesonderten Beitrag eingegangen war.

Norbert Semmer nun hat sich im Rahmen seiner Arbeiten mit der Wirkung von Stressoren auf den erlebten Selbstwert beschäftigt. Auslöser dafür waren Befunde, dass z.B. bestimmte Formen sozialer Unterstützung eher mit vermehrtem Stress eingehen und Menschen, die Stress ausgesetzt sind, soziale Unterstützung oftmals vermeiden.

Warum ist das so?

Herr Semmer führt das darauf zurück, dass Stress in erster Linie daraus resultiert, dass durch bestimmte Ereignisse das Selbstwertgefühl bedroht wird. Stress wird v.a. dann erlebt, wenn man Misserfolg erwartet, Ziele nicht erreicht und dies dann auf Ursachen in der eigenen Person zurückführt. Wird Misserfolg erlebt oder erwartet, so wirkt dies als starker Stressor. Umgekehrt führt Erfolgserleben zu einer Selbstbestätigung und zu einem verstärkten Interesse an einem bestimmten Thema.

Stress hat aber auch etwas mit der Bewertung durch andere zu tun. Und hier stellt sich die Frage, warum nicht jede Form sozialer Unterstützung stressreduzierend wirkt. Kurz gesagt: Soziale Unterstützung wirkt zunächst einmal stressreduzierend, wenn sie Wertschätzung vermittelt und zu einer Aufwertung des Selbstwerts führt.

Anderenfalls handelt es sich um eine "dysfunktionale soziale Unterstützung", bei der "Helfende" ...

- ... seine Hilfe mit Vorwürfen verknüpft ("das hätte ich Dir gleich sagen können, das so nichts wird!"),
- ... ewige Dankbarkeit erwartet,
- ... seine Hilfe nicht auf selbstverständliche Art gibt,
- ... dem Adressaten voreilige Lösungsvorschläge anbietet bzw. aufnötigt.


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In seinen empirischen Untersuchungen hat Semmer des weiteren festgestellt, dass es weniger auf instrumentelle soziale Unterstützung (mit dem Zweck, ein Ziel zu erreichen), als vielmehr auf emotionale soziale Unterstützung.

Auf emotionale Entlastung kommt es an. So kann z.B. auch die Teilnahme an einem Lernkurs entlastend, wenn man dabei die Erfahrung macht, dass andere ähnliche Sorgen hat wie man selbst und dass andere "auch nur mit Wasser kochen", wenn man vorher vielleicht Angst vor der Beschäftigung mit einem schwierigen Thema hatte.

Was er und seine Mitarbeiter im Zusammenhang mit der Bewertung durch andere als wichtigen Stressor ermittelt haben, sind sogenannte illegitime Aufgaben und als illegitim erlebte Stressoren. Dabei handelt es sich um Aufgaben, die nicht zur eigentlichen Arbeit gehören, die man aber zusätzlich aufgedrückt bekommt. Des weiteren handelt es sich um Stressoren, die unnötig in der Situation wirken.

Beispiele, die dabei genannt wurden, sind folgende:

- Eine Krankenschwester hilft einem hilfebedürftigem Patienten bei alltäglichen Verrichtungen, was zunächst Teil der Aufgabe ist. Allerdings lässt sich der Patient auch dann noch helfen, wenn er das eigentlich schon selbst kann = illegitime Aufgabe.
- Stahlwerker sind auf ihrer Arbeit großer Hitze ausgesetzt, erleben dadurch allerdings keinen Stress, weil die Hitze gleichzeitig den Erfolg der Stahlschmelze markiert und die Arbeiter stolz macht. - Als Gegenbeispiel dazu ein als illegitim erlebter Stressor: Mitarbeiterinnen eines Einzelhandelsunternehmen sind bestimmten Kleidungsvorschriften unterworfen, sind hohen Temperaturen ausgesetzt, u.a. weil unmittelbar daneben ein Kopiergerät steht und weil der Arbeitgeber auf Klimaanlage verzichtet ("mit uns können sie's ja machen").

Zu dem letztgenannten Punkt fielen mir als weitere Beispiele spontan die verschiedenen Schikanen ein, denen Betroffene von HartzIV ausgesetzt sind.




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Bisher 4 Kommentare


1. Kommentar von Ocean gepostet am 18.09.2009 / 17:53 Uhr:
Hi lieber Falk ..vorab: deinen Beitrag über das Duell les ich separat noch, dazu bin ich bisher noch nicht gekommen.

Dies find ich wieder höchst interessant .. und ich kann mir gut vorstellen, daß die Tagung bereichernd war und viele neue Inhalte vermitteln (bzw vertiefen) konnte.

Stress und Selbstwertgefühl - das hängt mit Sicherheit zusammen. Positiver Stress z. B. - der zwar viel Arbeit mit sich bringt, aber durch Erfolg und Bestätigung belohnt wird - wird sich kaum negativ auswirken. Dagegen kann jemand, der an sich wenig tut, aber dies nur deshalb, weil ihm nichts zugetraut wird und er nur sieht, wie andere die "wichtigen" Arbeiten machen, viel gestresster sein und krank werden davon.

Danke Dir für die Denkanstöße .. ich wünsche Dir ein schönes und erholsames (und wenn, dann nur positiv-stressendes ) Wochenende, liebe Grüsse, Ocean


Anmerkung des Webmasters: Danke für Deinen Kommentar

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2. Kommentar von Wilhelm Entenmann gepostet am 26.09.2009 / 10:53 Uhr:
Ops, jetzt erst entdeckt!
Das ist aber eigentlich 'ne olle Kamelle, die Sache mit der selbstwertbedrohlichen Hilfeleistung, ich habe bereits in den 90er darüber gelesen (D. Frey?).
Ich würde allerdings sagen, dass Hilfeleistung nur dann zum Stressor (weil selbstwertbedrohlich) wird, wenn der Hilfeempfänger über einen hohen Selbstwert SW und eine geringe Selbstsicherheit SI besitzt (zwei Variablen!). Die SI wird gerne übersehen.


Anmerkung des Webmasters: Danke für Deinen Kommentar

Da ist was dran

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3. Kommentar von Claudia gepostet am 30.09.2009 / 17:24 Uhr:
wirklich interessante Gedanken, nachvollziehbar, discussionswürdig. Würde mich gerne darüber noch mehr mit Dir austauschen - auch über die Sicht dessen, der Hilfe gibt unter den genannten streßfördernden Aspekten. Gruß Claudia

Anmerkung des Webmasters: Danke für Deinen Kommentar

Bzgl. der Person des Helfenden ist zu berücksichtigen, dass die Motive für Hilfeverhalten vielfältig sind, wobei rein altruistische Motive eher eine untergeordnete Rolle spielen

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4. Kommentar von Karin gepostet am 05.10.2009 / 23:00 Uhr:
Sehr interessant. Aus meiner Erfahrung kann ich Herrn Semmers Ausführungen (bzw. Deine Zusammenfassung seiner Worte) im Großen und Ganzen gut bestätigen. Bei der dysfunktionalen sozialen Unterstützung, respektive dem Punkt "dem Adressaten voreilige Lösungsvorschläge anbietet bzw. aufnötigt" fallen mir spontan diese "Wir meinen es doch nur gut"-Menschen ein, die bestimmt viele schon mal erlebt haben.
Und ja: Du hast Deinen Bildungsauftrag (zumindest meiner bescheidenen Einschätzung nach - was Frau Krötengrün meint, kann ich ja nicht wissen, da sie nicht kommentiert hat) zu dreihundert Prozent erfüllt!
Liebe Grüße, Karin


Anmerkung des Webmasters: Danke für Deinen Kommentar

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