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Psycho-Blog vom 13.09.2007 - gegen 17.00 Uhr MESZ - Perma-Link

- Wodurch entstehen Freundschaften? -

Nachdem ich in einigen Beiträgen der jüngeren Vergangenheit eher meine Skepsis bzgl. eines harmonischen Zusammenlebens verschiedener Menschen, v.a. von Mann und Frau, zum Ausdruck gebracht habe, soll es heute mal wieder einen fachlich fundierten Beitrag geben, der vielleicht auch einige positive Aspekte von menschlichem Miteinander thematisiert

Wovon hängt es ab, ob wir die Nähe anderer Menschen suchen? Welche situativen Bedingungen fördern Freundschaft oder auch Feindschaft? Darum soll es in diesem Beitrag gehen.

Menschen sind soziale Wesen und suchen als solche mehr oder weniger die Gesellschaft anderer Menschen. Der sozialpsychologische Fachbegriff hierfür lautet Affiliation.

Menschen unterscheiden sich einerseits interindividuell bzgl. ihres Bedürfnisses nach Nähe, andererseits hängt dieses Bedürfnis aber auch von der Situation ab. Gehen wir gerade einer Aufgabe nach, die in hohem Maße Konzentration erfordert, so stört uns oftmals die Gegenwart anderer. Andererseits gibt es Situationen, in denen uns die Anwesenheit anderer gerade eine wichtige Unterstützung ist. Die Gesellschaft anderer bietet dabei die Möglichkeit zum sozialen Vergleich (habe ich recht mit meiner Furcht?), die Möglichkeit einer Reduktion von Furcht (kann der/die andere mich beruhigen?) die Möglichkeit, Informationen zu gewinnen (Erfahrungen einer Person, die das schon erlebt hat). In einer solchen Situation streben wir die Nähe und den Austausch mit anderen an. Allerdings ist es dabei nicht egal, mit wem wir dabei zusammen sind.

Kulik und Mahler (1989) führten eine Befragung bei Krebspatienten durch, die sich einer schweren Operation auszusetzen hatten. Die Patienten hatten die Möglichkeit, die Nacht unmittelbar vor der Operation mit anderen Patienten zu verbringen, die entweder dieselbe Operation bereits hinter sich oder noch vor sich hatten. Die meisten Patienten zogen es vor, die Nacht mit jemandem zu verbringen, der die Operation bereits hinter sich hatte. Dies lässt sich damit erklären, dass diese Kontaktpersonen eher objektivere Informationen über die Bedrohlichkeit des Eingriffs geben können, während sich vorhandene Ängste bei einem gemeinsamen Warten von Patienten auf die anstehende Operation eher noch hochschaukeln können.

Allerdings ist Furcht natürlich nicht das einzige Motiv, um die Nähe anderer zu suchen. Andere Motive sind: ein Bedürfnis nach positiver Stimulation, die Sammlung von Informationen, die Mitteilung von Gefühlen.

Die Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen wird dabei durch folgende Faktoren gefördert:

- physische Attraktivität,
- Ähnlichkeit,
- physische Nähe bzw. die Verfügbarkeit von Kontakten und
- reziproke Zuneigung.

Im allgemeinen mögen wir Menschen, die gut aussehen. Im Sinne eines sozialen Stereotyps werden attraktiven Menschen weitere positive Eigenschaften zugeschrieben. Die meisten Menschen glauben, dass Schönheit hoch korreliert ist mit anderen wünschenswerten Eigenschaften wie Freundlichkeit und Selbstbewusstsein. Dabei kann wahrgenommene Attraktivität wiederum tatsächlich Auswirkungen auf Merkmale sozialer Kompetenz aufweisen – indem attraktive Menschen von Beginn ihres Lebens an mehr positive Aufmerksamkeit erfahren und dadurch in ihren sozialen Aktivitäten selbstbewusster werden.


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Inwieweit Menschen auf die Attraktivität anderer achten, hängt von Persönlichkeitsmerkmalen ab. Speziell bei der Partnerwahl legen Männer mehr wert auf physische Attraktivität als Frauen, was evolutionspsychologisch so erklärt werden kann, dass Attraktivität als Indiz für Jugend, Gesundheit und damit Fortpflanzungsfähigkeit interpretiert wird. Frauen gewichten Status höher als Schönheit und achten stärker auf Merkmale, die als Hinweis auf den Status gedeutet werden können, wie etwa Körpergröße und athletischer Körperbau

Ein weiterer Aspekt, der die Entstehung von freundschaftlichen Beziehungen fördert, ist Ähnlichkeit. Eine hohe Ähnlichkeit zwischen Freunden lässt sich beispielsweise bei Merkmalen wie Alter, Familienstand und Intelligenz feststellen. Insbesondere kommt es auf eine Ähnlichkeit in wesentlichen Einstellungen an. Die erlebte Ähnlichkeit wird dabei quasi als positive Verstärkung erlebt: Eine ähnliche Einstellung ruft positive Gefühle hervor, die auf den Träger der Einstellung übertragen werden. Durch den sozialen Vergleich wird die eigene Einstellung als „richtig“ bestätigt.

In einer Untersuchung von Byrne (1971) füllten Probanden einen Fragebogen zu verschiedenen Einstellungen aus. Einige Wochen später erhielten sie einen angeblich von einer anderen Person ausgefüllten Fragebogen und sollten angeben, wie sympathisch sie diese Person finden. Je nach Versuchsbedingung war der Fragebogen so ausgefüllt, dass es dem eigenen Antwortverhalten mehr oder weniger ähnlich war. Je größer die Ähnlichkeit in den Antworten, desto sympathischer wurde die andere Person eingeschätzt.

Allerdings ist Ähnlichkeit nicht in jedem Falle eine günstige Bedingung für das Entstehen von Sympathie. In bestimmten Dingen kommt es eher darauf an, dass sich zwei ergänzen – beispielsweise ein eher dominanter und ein devoter Partner oder jemand, der gern und viel redet, und jemand, der eher zuhört.

Insbesondere sind es aber physische Nähe bzw. Verfügbarkeit von Kontakten (auch online), welche die Entstehung von freundschaftlichen Beziehungen fördern. Dementsprechend beeinflusst die bloße Anzahl von zufälligen Zusammentreffen bereits die Sympathie, weil durch diese häufigen Kontakte so etwas wie Vertrautheit entsteht, selbst wenn man noch gar nicht viel mit einer bestimmten Person gesprochen hat.

Moreland und Beach (1992) haben eine Untersuchung durchgeführt, bei der sie die Attraktivität von vier Frauen durch Seminarteilnehmer einschätzen ließen. Bei den vier Frauen handelte es sich um Forschungshelferinnen von tatsächlich ähnlicher Attraktivität, die im Laufe des Seminars entweder 15 mal, 10 mal, 5 mal oder kein einziges Mal in dem Seminar anwesend waren. Die Frauen saßen immer in der ersten Reihe und waren instruiert, weder zu den Studenten noch zum Dozenten Kontakt aufzunehmen. Je häufiger die Frauen in dem Seminar anwesend waren, desto attraktiver wurden sie am Ende des Semesters von den Studenten eingeschätzt.

Ein weiteres interessantes Experiment wurde von Festinger, Schachter und Beck (1950) bereits vor über einem halben Jahrhundert am MIT durchgeführt. In einem Wohnkomplex von 17 Gebäuden mit je 10 Appartements auf 2 Stockwerken wurden verheiratete Studentenpaare den Wohnungen aufgrund einer Warteliste zugewiesen. Als Ergebnis zeigte sich, dass sich innerhalb eines Gebäudes 10 mal so viele Freundschaften bildeten wie zwischen den Studenten, die nicht im gleichen Gebäude wohnten. Noch mal mehr Freundschaften entstanden, wenn die betreffenden Studenten auf derselben Etage oder nahe am Treppenhaus oder am Briefkasten wohnten. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit kurzer Kontakte, wodurch Vertrautheit entsteht. Bei Gesprächen können wiederum Gemeinsamkeiten entdeckt werden, die zu weiteren gemeinsamen Aktivitäten führen können.

Bei geringer Ähnlichkeit der sich treffenden Personen kann Nähe allerdings auch negative Gefühle verstärken und auf diesem Wege die Entstehung von Feindschaft fördern – beispielsweise wenn jemand, der üblicherweise früh zu Bett geht, neben jemandem wohnt, der bis zum Morgengrauen Parties feiert

Reziproke Zuneigung bezieht sich darauf, dass wir auf die wahrgenommene Zuneigung eines anderen Menschen reagieren. Dabei können auch Falschinformationen und Fehlinterpretationen eine Rolle spielen. Wenn wir glauben, dass jemand uns mag, verhalten wir uns dieser Person gegenüber viel angenehmer. Auch dies ist in Experimenten belegt worden.

...

Wer also, ohne gleich Mitglied in einem Verein werden zu wollen, Freunde gewinnen möchte, der stelle sich regelmäßig wie zufällig in die Nähe eines Briefkastens, an den Hauseingang oder vielleicht auch an eine Bushaltestelle und bemühe sich im Rahmen seiner Möglichkeiten, den dort anzutreffenden anderen Menschen freundlich zu begegnen. Es empfiehlt sich allerdings, nicht gerade mit Alkoholfahne, ungewaschen... und/oder mit Ghettoblaster und lauter Hiphop-„Musik“ aufzutreten... anderenfalls sind eher gegenteilige Effekte zu erwarten


Eingeordnet in: Psychologisches


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Bisher 6 Kommentare


1. Kommentar von Diane gepostet am 13.09.2007 / 19:02 Uhr:
Oh, das ist ein gutes Thema, das lese ich später noch. Bin gerade zurück und wollte Mr. Unkonventionell mal guten Tag sagen.
Ciao Diane


Anmerkung des Webmasters: Danke für Deinen Kommentar

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2. Kommentar von Diane gepostet am 14.09.2007 / 01:54 Uhr:
Diane behauptet *frech* , das einzige wirkliche Bindeglied zwischen Mann und Frau ist Sex. Wenn das harmonisch ist, ist alles andere auch harmonisch Wobei ich das ganzheitlich meine, also nicht reiner Sex ... also keine Missverständnisse! ... Das ganze Drumherum!
Ansonsten ist das auch unterschiedlich, aber Du schreibst ja selber, unterscheiden sich interindividuell bgl. Bedürfnissen ... nicht jeder braucht so viel Unterstützung oder möchte sie, während andere wirklich viel davon benötigen.
Beispiel sind Freundinnen, die Klamotten gemeinsam einkaufen (müssen) - ich finde sowas ätzend! Denn das kostet unnötig Zeit und ich weiss sehr genau was ich will und was mir steht. Da lasse ich mir auch nicht reinreden! Also würde ich den Sinn nicht sehen, wozu man gemeinsam Klamotten kaufen "muss" wie das so manche Frauen allerdings gern tun. Ein Stadtbummel ist für mich gemeinsam aber was anderes, aber nicht zum Klamottenkauf! - Also ich habe sehr unterschiedliche Freunde. Die zu grosse Ähnlichkeit ist oft nicht das, was mich anzieht. Gegensätze können sich auch anziehen So lernt man voneinander aber auch sonst kann es sehr spannend sein. Aber die Intelligenz muss natürlich ähnlich sein; der Habitus..., womit ich persönlich nicht unbedingt Kleidung oder Lebensstil meine, einzelne Details, die sich auch verändern können. Der Habitus muss zu der person passen, damit sie für mich authentisch wirkt. Ob ich das teilen kann? Bei Freunden ist es was anderes als bei einem Lebensgefährten ... und Rang und Namen das ist heute ja nicht mehr so wie im vorigen Jahrhundert Wo Prinzen Bürgerliche heiraten so als Yellow Press-Beispiel
Sonst kann man sich nur schwer verständigen. Wenn diese Punkte nicht so übereinstimmen ... aber man kann auch von anderen lernen, etwas übernehmen, der Mensch ist schliesslich flexibel, wenn er es sein will! - Sowas (bei unterschiedlicher Intelligenz) kann auch Freundschaft sein, aber doch einseitiger, weil man oder der eine den anderen nicht wirklich verstehen kann ...
Oh, aber eine Nacht-Eule mit einer Lerche??? Das geht nicht gut! Ich spreche aus Erfahrung!
Aber ob die Leute an Bushaltestellen angesprochen werden wollen heute? Man beobachtet heute oft das Gegenteil, dass jeder für sich und so manche eher "unangenehm berührt" sind durch so etwas, auch bei ganz normalen Personen, also keine Alkoholiker oder so! Soziale Phobien ... besonders in anonymen Giga-Vierteln.
Gut aussehen, das ist so eine Sache für sich. Jemand kann weniger gut aussehen, aber eine super Ausstrahlung haben ...dadurch wirkt erjenige wiederum "gut aussehend" deshalb schaue ich mir kaum Einzel-Fotos von Leuten an, um zu wissen wie und wer sie sind! Dazu braucht man sehr viel mehr Fotos ... Wenn es so viel wie bei Lady Diana als Beispiel sind (und Filmausschnitte), hat man schon eher ein Bild von einer person, wenn trotzdem auch noch kein umfassendes.
Aber das mit den positiven Eigenschaften hat der Mensch schon an sich ... Blond zum Beispiel sind immer die "Guten", die Fee, die Prinzessin im Märchen ... und die böse Stiefmutter oder Hexe, böse Fee sind fast alle - bis auf Schneewittchen - schwarz! Nun leuchtet das Blond auch hell wie die Sonne ... gesponnenes Gold! - Der Mensch fällt eben gern auf Äusserlichkeiten herein, ohne es zuzugeben oder vielleicht ohne es immer zu merken. Ciao, gute Nacht Diane


Anmerkung des Webmasters: Danke für Deinen ausführlichen Kommentar

Ich gehe auch nicht mit Kumpels gemeinsam in Boutiquen zum Klamotteneinkaufen

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3. Kommentar von Mr.D. gepostet am 14.09.2007 / 07:55 Uhr:
da habe ich ja alles richtig gemacht: >der stelle sich regelmäßig wie zufällig in die Nähe eines Briefkastens, an den Hauseingang oder vielleicht auch an eine Bushaltestelle ... guter fundierter Beitrag, ich sage auch immer ein eventueller Partner/Freund etc. klopft nicht so einfach an die Wohnungstüre, sondern wer Menschen kennenlernen möchte, muss unter die Leute gehen.

Anmerkung des Webmasters: Danke für Deinen Kommentar

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4. Kommentar von Daniela gepostet am 14.09.2007 / 09:40 Uhr:
Das ist aber wirklich ein sehr interessanter Beitrag und auch dei Ergänzung von Diane dazu :Klasse! Lese ich nach her noch mal. Ich stelle immer wieder fest,dass das Kennenlernen gar nicht so schwer ist, sondern das Schwierigste ist der Schritt danach.Wo man anfangen muss die Beziehung zu vertiefen und zu verfestigen

Anmerkung des Webmasters: Danke für Deinen Kommentar

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5. Kommentar von Trick_17 gepostet am 14.09.2007 / 13:08 Uhr:
Für mich wird da alles auf den Punkt gebracht, und kann dazu nichts weiter ergänzen.

Anmerkung des Webmasters: Danke für Deinen Kommentar

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6. Kommentar von Diane gepostet am 14.09.2007 / 23:23 Uhr:
Nein!?? Fast hätte ich es vermutet Aber nicht, dass Du jezt was Falsches von MIR denkst
Und was Mr. D. sagt ... Suchen bringt meist nichts, man findet und zwar dann, wenn man am wenigsten sucht. Aber raus muss man schon unter die Leute ...


Anmerkung des Webmasters: Danke für Deinen Kommentar ...


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